Werder Bremen-Anleihe (2021/2026)

Neue Corona-Einschränkungen belasten

Dieser Anleihecheck betrifft die in 2021 emittierte Anleihe  SV Werder Bremen GmbH & Co KG aA 2021/2026 über 17,5 Millionen Euro (6,5 Prozent) mit einer Laufzeit von fünf Jahren.

 

Geschäft:

Die SV Werder Bremen GmbH & Co KG aA (kurz: SV Werder) ist anders strukturiert als z.B. der Anleiheemittent Schalke 04: SV Werder ist kein gemeinnütziger Verein, das wohninvest WESERSTADION gehört ihm nur zur Hälfte (50 Prozent der Stadt Bremen), die Marke „Werder Bremen“ sowie die Nicht-Profiaktivitäten gehören zur Muttergesellschaft Sport-Verein „Werder“ v. 1899 e.V. In Bezug auf Marke (nur Verwertungsrechte) und Stadion sind die möglichen stillen Reserven also niedriger als z.B. bei Schalke.

Der SV Werder ist im Mai 2021 – zusammen mit Schalke 04 – in die 2. Bundesliga abgestiegen, nachdem er sich 1 Jahr zuvor noch über die Relegationsspiele gerettet hatte. Er ist zwar Gründungsmitglied und die Nr. 3 in der ewigen Bundesligatabelle hinter dem FC Bayern sowie Dortmund und ist für seine erfolgreiche Nachwuchsarbeit bekannt. Seit 2010 wurde jedoch kein internationaler Wettbewerb mehr erreicht.  

Im Geschäftsjahr 2021 (30.6.) wurden die Prognosen (128 Millionen Umsatz und ein leicht positiver Jahresüberschuss) verfehlt, da die erlaubten Zuschauerzahlen und die Transfererlöse niedriger als erwartet ausfielen. Der Umsatz sank um 12 auf 109 Millionen Euro (nach 154 Millionen im Vor-Corona-Jahr 6/2019). Rückläufig war v.a. der Spielbetrieb (16 Heimspiele ohne Zuschauer, nach fünf im Vorjahr), aber auch das Sponsoring; der Handel mit Fanartikeln stagnierte, die Transfererlöse stiegen.
Der Verlust nach Steuern verbesserte sich von 24 auf 17 Millionen Euro, also um 7 Millionen: neun Millionen weniger Spielbetriebskosten, fünf Millionen Einmalerträge (aufgelöste Rückstellungen für drohende Kaufverpflichtungen, Immobilienverkäufe), fünf Millionen geringere Abschreibungen, drei Millionen niedrigere Personalkosten (mit 62 Prozent vom Umsatz ein immer noch sehr hoher Wert, verglichen z.B. mit den 50% bei Schalke) und zwei Millionen sonstige Einsparungen.

Das wie im Schalke-Konzern negative Eigenkapital verschlechterte sich von 13 auf 20 Millionen Euro. Die Differenz zwischen dem Marktwert der Spieler lt. „transfermarkt.de“ und deren Buchwert lt. Bilanz betrug 27 Millionen Euro (ein Hinweis auf mögliche stille Reserven, die jedoch im Krisenfall bei Notverkäufen wegen der dann üblicherweise niedrigen Transfererlöse kaum realisierbar sind).

Für das GJ 2022 wird im Geschäftsbericht 2021 ein positiver Jahresüberschuss prognostiziert. Dieses Ziel ist jedoch schwer zu erreichen, da die zugrunde liegende Annahme, dass der Spielbetrieb ab der Rückrunde der laufenden Saison weitestgehend ohne pandemiebedingte Einschränkungen erfolgen kann, inzwischen schon nicht mehr zutrifft: Aktuell sind seit dem 2. Spieltag der Rückrunde zumindest in Bremen keine Zuschauer mehr erlaubt. Eine deutliche Reduzierung der Personalkosten (vertraglich festgelegte Reduzierungen aufgrund des Abstiegs, Verkauf teurer Spieler) soll den deutlichen Umsatzrückgang aufgrund des Abstiegs (v.a. 27 Millionen Euro niedrigere TV-Erlöse) überkompensieren. Außerdem sieht der SV Werder auch mit dem stark veränderten Spielerkader noch realistische Chancen, gleich wieder in die 1. Bundesliga aufzusteigen (aktuell nach 20 Spieltagen auf Platz 3 vor Schalke).

 

Zinszahlung:

Die Zinsdeckung war wegen des negativen EBIT und des sehr niedrigen EBITDA in 2021 und 2020 naturgemäß ungenügend, in den 3 Jahren vor Corona dagegen ausgezeichnet (damals niedrige Finanzschulden und damit niedrige Zinsaufwendungen). Lt. Kapitalflussrechnung war der Cashflow vor Ertragsteuern und Zinsen in 2021 und 2020 negativ, davor positiv.  

Die sechs jährlichen Anleihe-Zinszahlungen von jeweils 1,14 Millionen Euro  wären – auch in der 2. Bundesliga – dann aus dem Cashflow vor Ertragsteuern und Zinsen finanzierbar, wenn künftig mindestens so viele Zuschauer zugelassen würden wie in den 8 Heimspielen der Hinrunde (im Schnitt 55% Stadionauslastung): im Schnitt die zweitmeisten Zuschauer nach Schalke 04, in zwei Spitzenspielen war das Stadion mit 42.000 ausverkauft. Seit dem 2. Spieltag der Rückrunde (bisher ein Bremer Heimspiel) sind jedoch aktuell zumindest in Bremen keine Zuschauer mehr zugelassen. Wenn sich dies nicht ändert, müssen die Zinsen – zusammen mit dem mutmaßlich negativen Cashflow –  aus der vorhandenen Liquidität (23 Millionen Euro zum 30.6.2021, generiert durch einen mit einer Landesbürgschaft gesicherten 20 Millionen-KfW-Kredit) bestritten werden.

 

Tilgung:

Das Investorenvertrauen ist überraschend hoch: Der Anleihe-Kurs notiert bisher durchweg über 105%. Von den erhofften 20 bis 30 Millionen Anleihevolumen konnten allerdings nur 17,5 realisiert werden, möglicherweise weil die endgültige Abstiegsentscheidung mitten in der Zeichnungsphase erfolgte.
Die Kennzahl „Nettofinanzschulden zu EBITDA“ war in 2021 ausreichend, in 2020 ungenügend und vor Corona ausgezeichnet.

Der Free Cashflow (Mittelzufluss laufendes Geschäft inkl. Zinsergebnis minus Investitionssaldo) war in den letzten 5 Jahren durchweg negativ, in 2021 und 2020 wegen der Jahresverluste, zuvor wegen zahlreicher Spielerkäufe.

 

Fazit:

Das Testat des Geschäftsberichts vom 29.9.2021 enthält wie im Vorjahr eine „Wesentliche Unsicherheit im Zusammenhang mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit“. Hier wird auf den Lagebericht verwiesen, lt. dem bei weiteren Corona-Einschränkungen ein wesentliches Bestandsrisiko für die Emittentin besteht. Da diese weiteren Einschränkungen seit 2 Spieltagen in der 2. Bundesliga eingetreten sind, ist aktuell offen, in welchem Umfang für die jährlichen Zinszahlungen auf die vorhandene Liquidität und gegebenenfalls auf neue Kredite zurückgegriffen werden muss. Zur Refinanzierung in 2026 sind noch keine Aussagen möglich, außer dem Hinweis auf die möglichen stillen Reserven im Spielerkader einerseits und den traditionell negativen Free Cashflow andererseits. Letzterer macht die Refinanzierung durch eine neue Anleihe wahrscheinlich, sofern das aktuelle Investorenvertrauen anhält, unterstützt durch einen erhofften schnellen Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga.

 

Die Bewertung durch das Scoring von URA Research, den URA Emissions Check, liegt bei 0 Haken, unmittelbar an der Grenze zu 1 Haken (Notation „sehr hohe Risiken“; von max. 5 Haken).

 

URA Research verwendet bei seiner Anleiheanalyse eine standardisierte Methode, die sich ausschließlich an den Interessen der Investoren orientiert. Zu den Kunden zählen Vermögensverwalter und Family Offices.

 

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