Die zweite Photon-Energy-Anleihe (2017/2022)

Deutlicher Verbesserungsbedarf bei den Finanzkennzahlen

Dieser Anleihecheck betrifft die in 2017 emittierte Anleihe Photon Energy II 2017/2022 über ursprünglich 30 und aktuell 45 Millionen Euro (7,75%) mit einer Laufzeit von 5 Jahren, die v.a. im Frankfurter Freiverkehr („Open Market“) gehandelt wird.

 

Geschäft:

Die niederländische Photon Energy N.V. ist eine zu 83% eigentümergeführte Holding für Projektgesellschaften auf dem Gebiet der Solarenergie. Die Aktien sind zwecks Erweiterung des Investorenkreises seit 2021 auch in Deutschland notiert. Abgedeckt wird, abgesehen von der Produktion von Solarmodulen, die gesamte Wertschöpfungskette bei Solarkraftwerken:
Projektentwicklung und Bau (20% des externen Umsatzes in 2020), Betrieb (58%), Überwachung und Wartung (10%); außerdem Handel mit Komponenten (11%). Hinzu kommen neuerdings benachbarte Aktivitäten wie Stromspeicherung und Wasseraufbereitung (1%). Die Emittentin reicht als Holding die Anleihemittel als Eigenkapital bzw. als Gesellschafterdarlehen zur Zwischenfinanzierung bis zum Netzanschluss an die Projektgesellschaften des Konzerns weiter. Diese sind die Erbauer und Betreiber der Kraftwerke; die Erträge der Emittentin sind von deren geleisteten Zinsen und Dividenden abhängig. Der überwiegende Teil des Vermögens ist an Banken verpfändet. Dies kann gemäß Kreditbedingungen teilweise die Ausschüttungen der Projektgesellschaften an die Emittentin einschränken. Die Anleihegläubiger sind also gegenüber den Kreditinstituten der Projektgesellschaften, bei denen alle Bankverbindlichkeiten des Konzerns liegen, stark strukturell nachrangig.

Photon war in 2020 außer beim Handel mit Komponenten (Umsatz -48% gegen 2019)
vergleichsweise wenig von Corona betroffen: Der Konzernumsatz fiel nur um 6% auf 28,3 Millionen Euro, weil das mit Abstand größte Segment Stromerzeugung um 15% zulegte. Das EBITDA (ohne einen einmaligen Veräußerungsgewinn in 2019) stieg durch das Wachstum der margenstarken Stromerzeugung sogar um 6% auf 8,4 Millionen Euro. Wegen der investitionsbedingt deutlich erhöhten Abschreibungen sowie Vorlaufkosten für neue Kraftwerke war in 2020 erstmals seit 2014 das EBIT mit -0,1 Millionen Euro negativ. Der Jahresüberschuss war wie in 5 der 6 Vorjahre negativ, wegen des hohen Zinsaufwands und der bei Kraftwerksbetreibern traditionell hohen Abschreibungen.

Die Neubewertungsrücklage lt. IFRS stieg in 2020 noch einmal deutlich an (Fair Value-Bewertung v.a. für Kraftwerke, die 2020 neu an das Netz angeschlossen wurden; außerdem eine neue günstigere Berechnungsmethode) und liegt jetzt lag sogar 1% über dem gesamten Eigenkapital. Sie kann bei operativen Problemen oder steigenden Abzinsungssätzen auch schnell abschmelzen.
Im 1. Quartal 2021 haben sich gegenüber 2020 alle relevanten Kennzahlen verschlechtert:
ungünstiges Wetter, verschobene Inbetriebnahme von Kraftwerken, zusätzliche Mitarbeiter und
Kredite für geplante Projekte.

 

Zinszahlung:

Lt. Kapitalflussrechnung betrug der konsolidierte Konzern-Cashflow vor Ertragsteuern und Zinsen im Schnitt der letzten 5 Jahre nur das 1,5-fache der Zinszahlungen. Den eigentlich stabilen und planbaren Mittelzuflüssen durch staatlich garantierte Einspeisevergütungen steht der wachstumsbedingte Aufbau von Working Capital gegenüber, um die Vermögensbasis für künftige Cashflows zu schaffen. Oktober 2021 und 2022 stehen noch Zinszahlungen für die Anleihe von je 3,5 Millionen Euro an. Am 31.12.2020 gab es eine nicht verfügungsbeschränkte Liquidität von 10 Millionen Euro (-20% gegen 2019) und ungenutzte Kreditlinien von 3,6 Millionen Euro (-70%).

 

Tilgung:

Zum Thema Investorenvertrauen: Der Kurs der hier betrachteten Anleihe II blieb bisher durchweg über 103%, ähnlich wie bei der Anleihe I (2013/2018). Der Corona-bedingte Kursrückgang auf 87% war geringer als bei vielen anderen „Mittelstandsanleihen“, die Erholung auf 100% verlief relativ schnell. Der Free Cashflow (Mittelzufluss laufendes Geschäft minus Investitionssaldo) war in den letzten 3 Jahren deutlich negativ. Dies ist die Folge einer seit 2018 aggressiven Wachstumsstrategie v.a. in Australien und Ungarn (künftig neuerdings auch in Polen und Rumänien), mit hohen Investitionen. Da weiterhin ein deutliches Wachstum geplant ist, dürfte die Refinanzierung der Anleihe im Oktober 2022 größtenteils durch neues Fremdkapital wie eine Folgeanleihe erfolgen.
Neue Bankkredite oder Schuldscheine auf Ebene der Emittentin wären bei Photon ein Novum.

 

Fazit:

Selbst unter Berücksichtigung des Geschäftsmodells (Projektentwickler und Kraftwerksbetreiber haben typischerweise eine hohe Verschuldung) sind wichtige Bondspezifische Kennzahlen wie „EBIT(DA)-Zinsdeckung“ und „Nettofinanzschulden zu EBITDA“ nur als knapp ausreichend zu bezeichnen. So hatten Analysten in 2017 vor dem Start der Anleihe II für 2020 eine – mit den aktuellen Zahlen verglichen – doppelt so hohe EBITDA-Zinsdeckung prognostiziert. Immerhin liegt die „bereinigte Eigenkapitalquote“ lt. Photon (Eigenkapital bezogen auf die Bilanzsumme ohne das unverzinsliche Fremdkapital), bei deren Absinken unter 25% die Anleihegläubiger kündigen könnten, noch bei 28%. Die 2 ausstehenden Zinszahlungen dürften bei gutem Liquiditätsmanagement aus dem Cashflow möglich sein. Die Refinanzierung der Anleihe in 2022 sollte mit einer neuen Anleihe (hohes Investorenvertrauen in Photon und in den Bereich Erneuerbare Energien allgemein), neuen Krediten auf entschuldete Kraftwerke, eventuellen Kapitalerhöhungen an der Börse oder notfalls auch mit dem Verkauf von Projektgesellschaften machbar sein.

Die Bewertung durch das Scoring von URA Research, den URA Emissions Check, liegt bei ganz knapp 1 Haken, an der Grenze zu 0 Haken (Notation „hohe Risiken“; von max. 5 Haken) und wegen der kontinuierlichen Verschlechterung der Finanzkennzahlen in den letzten Quartalen mit einem „watch“ versehen.

 

URA Research verwendet bei seiner Anleiheanalyse eine standardisierte Methode, die sich
ausschließlich an den Interessen der Investoren orientiert. Zu den Kunden zählen Vermögensverwalter und Family Offices.

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