Die zweite paragon-Anleihe (2017/2022)

Hoher Cash-Verbrauch seit Voltabox-Börsengang

Dieser Anleihecheck betrifft die in 2017 emittierte Anleihe paragon II 2017/2022 über 50 Millionen Euro.

 

Geschäft

Die paragon AG ist Zulieferer von Elektronik für führende deutsche Automobilhersteller und hier weltweit führend in einigen Nischen wie Luftgütesensoren. 33% des Konzernumsatzes entfallen inzwischen auf das Wachstumssegment Elektromobilität (60%-Tochter Voltabox AG mit Batterien für industrielle Anwendungen außerhalb der Automobilindustrie).
Im GJ 2018 erreichte die berichtete EBIT-Marge in % vom Umsatz mit 7,9% die untere Grenze der zwischenzeitlich von 9% auf 8% reduzierten Prognosespanne.
Im 1. Halbjahr 2019 wurde ein negatives EBIT von -5,4 Millionen Euro gemeldet, so dass sich die EBITMarge von +6,1% auf -5,6% verschlechterte. Begründet wird dies v.a. mit Integrations- und Anlaufkosten für eine Akquisition im Segment Aerodynamik (3 Millionen Euro) und mit Anlaufverlusten wegen eines verschobenen Großauftrags bei zukunftsträchtigen Batteriesystemen für 5G-Sendemasten bei Voltabox in den USA (3,5 Millionen Euro). Dem standen allerdings nicht näher erläuterte Währungsgewinne von schätzungsweise 3 Millionen Euro gegenüber.
Für 2019 reduzierte paragon am 12.8.2019 die ursprüngliche Prognose zur EBIT-Marge von +8% auf -1% bis -2%. Begründet wird dies mit den für das 1. Halbjahr bereits genannten Effekten sowie mit einem ungünstigen Produktmix und einem vorübergehenden Produktionsausfall aufgrund der Umstellung eines wichtigen Lieferanten auf die neueste Technologie bei Batteriezellen.
Alle Hoffnungen richten sich damit auf das Jahr 2020, in dem der verschobene Voltabox-Großauftrag abgearbeitet werden soll, der Einsatz einer neuen Zell-Technologie höhere Gewinne ermöglichen soll und die eingeleiteten Kostensenkungsmaßnahmen Wirkung zeigen sollen.
Seit der Börseneinführung von 40% der Anteile an Voltabox im Oktober 2017, wodurch mit dem Eigenkapital auch die Liquidität des paragon-Konzerns deutlich gestiegen war, ist die Liquidität vom 31.12.2017 von 146 auf nur noch 10 Millionen Euro zum 30.06.2019 gefallen. Ursachen sind hohe Wachstumsinvestitionen in Working Capital, Sachanlagen, aktivierte Entwicklungsaufwendungen und seit 2017 auch in neue Akquisitionen. Alleine im 2. Quartal 2019 ist die Liquidität um 7 Millionen Euro gefallen, trotz der Emission der 3. Anleihe im April 2019, diesmal in der Schweiz. Deren 30 Millionen Euro reichten nicht einmal aus, um im 2. Quartal den operativen Mittelabfluss, die Investitionen und die Schuldentilgung zu finanzieren.

 

Zinszahlung

Die um geschätzte Sondereffekte bereinigte EBIT-Zinsdeckung war in 2018 befriedigend, in den kumulierten 4 Quartalen zum 30.6.2019 jedoch nicht mehr ausreichend. Der Cashflow vor Ertragsteuern und Zinsen und damit auch der gesamte Mittelzufluss aus laufender Geschäftstätigkeit war 2017 und 2018 negativ. Gründe sind v.a. ein deutlicher Anstieg der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegen den Voltabox-Großkunden Triathlon und neuerdings ein Vorratsaufbau für verschobene Aufträge eines neuen Großkunden. Die aktuelle Liquidität (10 Millionen) reicht rechnerisch zwar noch aus, um die künftigen Zinszahlungen im Juli 2020, 21 und 22 für die Anleihe II zu bezahlen (zusammen 6,75 Millionen). Allerdings will auch noch die neue Anleihe III bedient werden (fünfmal 1,3 Millionen Euro).

 

Tilgung

Die Kennzahl „Nettofinanzschulden zu EBITDA“ war 2018 noch befriedigend und in den kumulierten 4 Quartalen zum 30.6.2019 bestenfalls knapp ausreichend (neu: 3. Anleihe, Passivierung von Operate Lease-Verbindlichkeiten lt. IFRS 16). Der Free Cashflow (Mittelzufluss laufendes Geschäft inkl. Zinsergebnis minus Investitionssaldo) war in den letzten 5 Jahren wegen der hohen Investitionen stets deutlich negativ. Das Investorenvertrauen hat sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert: Im Mai 2019 sind erhebliche Bilanzierungsfehler zum GJ 2017 v.a. bei Voltabox bekannt geworden; hinzu
kam die letzte Gewinnwarnung vom 12.8.2019. Die 2. Anleihe notiert seit dieser  Gewinnwarnung – meist deutlich – unter 75% und ist damit eine der ganz wenigen sogenannten Mittelstandsanleihen mit unter 100%. Die Aktie, die eigentlich die Flexibilität für Refinanzierungen erhöhen sollte, hat über die letzten 12 Monate noch deutlich mehr verloren als der DAXSector Automobile Kursindex. Für die Refinanzierung der am 5.7.2022 fälligen Anleihe II wäre es daher dringend notwendig, dass ab 2020 keine weiteren Akquisitionen mit hohem Integrationsbedarf getätigt werden, Voltabox seine Cashflow-Probleme mit Großkunden löst und die ursprünglich für spätestens 2018 angekündigte
„Erntephase“ der hohen Investitionen endlich beginnt, mit einem nachhaltig positiven Free Cashflow.

 

Fazit

Es ist dringend nötig, dass sich die paragon-Hoffnungen auf höhere Gewinnmargen und positive Free Cashflows ab 2020 endlich erfüllen. Nur so wird das stark beeinträchtigte Investorenvertrauen wieder steigen, auch als Voraussetzung für eine Refinanzierung der im Juli 2022 fälligen Anleihe.
Die Bewertung durch das Scoring von URA Research, den URA Emissions Check, liegt bei 1 Haken, genau an der Grenze zu 0 Haken, und „watch“ (Notation „hohe Risiken“; von max. 5 Haken).


URA Research verwendet bei seiner Anleiheanalyse eine standardisierte Methode, die sich
ausschließlich an den Interessen der Investoren orientiert. Zu den Kunden zählen Vermögensverwalter und Family Offices.

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